Gemeinsame
kritische Stellungnahme von Organisationen und Fachkräften zur
Schweizer UMTS-Studie vom Juni 2006.
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Datum:
14.06.2006 |
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ZusammenfassungIn der holländischen
TNO-Studie (2003) verursachte UMTS-Strahlung von 45 Minuten Dauer
signifikant Beschwerden, und dies nicht nur bei sensiblen, sondern
sogar bei nichtsensiblen Personen. In der Schweiz war gemäss
Aussage der Autoren kein Effekt zu beobachten. Woher dieser Widerspruch?
Grundsätzlich sind Studien
mit bloss kurzzeitiger Bestrahlung ungeeignet, wo es um die
Auswirkungen der Antennen-Dauerstrahlung geht. Untersucht man die
beiden Studien trotzdem, so fällt auf, dass in Zürich die
sensiblen Probanden im Durchschnitt 20 Jahre jünger waren als in
Holland. Ausserdem wurden sie hier nicht nur mit 1 Volt pro Meter,
sondern zusätzlich mit dem extrem hohen Wert von 10 V/m bestrahlt.
Das ist fast das Doppelte des Schweizer Grenzwertes. Einzelne Probanden
hatten denn auch massive Beschwerden, aber davon stand in der Studie
nichts.
Man kann also die beiden
Studien eigentlich gar nicht vergleichen. Völlig unzulässig
ist die in der Presse zu lesende Behauptung, die TNO-Studie sei durch
die Schweizer Studie „widerlegt“ worden. Es ist umgekehrt: Die
TNOStudie ist der komplexen Realität nahe gekommen, die
Zürcher Studie – wenn man nur die publizierten Informationen nimmt
– jedoch nicht. Und was ist diese komplexe Realität? – Das sagen
uns einerseits die Praxiserfahrungen von spezialisierten Ärzten,
Messfachleuten und Betroffenenorganisationen ganz Mitteleuropas. Seit
Jahren existiert ein umfangreiches Erfahrungswissen über den
Zusammenhang von GSMMobilfunkstrahlung mit Beschwerden oder
Krankheiten. Und die nunmehr zweijährigen Praxiserfahrungen mit
UMTS zeigen vergleichbare Auswirkungen. Leider wird dieses
Erfahrungswissen vom universitären Wissenschaftsbetrieb ignoriert,
weil es statistisch nicht direkt verwertbar ist. – Andererseits gibt es
eine Anzahl wissenschaftlicher Studien, die diesen Zusammenhang
ebenfalls belegen, sowie mutige Wissenschafter, die seit Jahren
deutlich vor dem Strahlungsrisiko warnen. Auch sie werden von
wirtschaftsnahen Wissenschaftern, Behörden und Rechtspraxis
ignoriert bzw. diskreditiert.
Wir fordern: Trotz des
negativen Ergebnisses der Schweizer UMTS-Studie darf jetzt keinesfalls
Entwarnung gegeben werden. Kurzfristig ist nach wie vor ein Ausbaustopp
der GSM- und UMTS-Mobilfunknetze die einzige verantwortbare Option. Die
bestehenden Netze sind betrieblich zu einem einzigen Netz zu vereinen.
Dieses kann dann wesentlich gestrafft und optimiert werden, und zur
Schlafenszeit können zwei Drittel der Basisstationen ganz
abgestellt werden. Zugleich sind die Sendeleistungen allgemein
drastisch zu reduzieren. Langfristig kommt nur eine völlig
andersartige, noch zu entwickelnde, möglichst risikoarme
Mobilfunktechnologie in Frage. Die heutige, äusserst risikoreiche
gepulste Mobilfunkstrahlung ist so rasch als möglich zu verlassen.
Die HintergründeDie Praxiserfahrung widerspricht dem Schweizer StudienergebnisDie positiven Resultate der
holländischen TNO-Studie wurden in Zürich nicht
bestätigt. Doch die holländische Studie liegt wahrscheinlich
näher bei der Realität. Dies wird nachfolgend begründet.
– Die vorliegende Stellungnahme zu der am 6. Juni 2006 den Medien
vorgestellten Schweizer UMTS-Studie basiert auf der Tatsache, dass
durch die Arbeit von Umweltärzten, baubiologisch geschulten
Messfachleuten und Betroffenenorganisationen ganz Mitteleuropas seit
Jahren ein umfangreiches, sich laufend erweiterndes Erfahrungswissen
vorhanden ist. Der Zusammenhang zwischen elektromagnetischer
Hochfrequenzstrahlung und Beschwerden oder Krankheiten ist in der
Praxis längst nachgewiesen. Es gibt verlässliche,
international übernommene baubiologische Richtwerte für
Strahlungsimmissionen1 , erarbeitet anhand Tausender
von Praxisfällen. Diese Richtwerte liegen um Grössenordnungen
tiefer als der Schweizer Vorsorgewert (Anlagegrenzwert), welcher die
Bevölkerung offensichtlich nicht zu schützen vermag. Die
Richtwerte gelten bisher für GSM-Strahlung. Aber gemäss
Berichten Betroffener ist UMTS-Strahlung mindestens so aggressiv.
Ist die Schweizer UMTS-Studie wirklich „wissenschaftlich“?Das hohe Gesundheitsrisiko der
Hochfrequenzstrahlung ist also evident. Doch diese Evidenz wird vom
universitären Wissenschaftsbetrieb ignoriert. Einzelne
Wissenschafter sprechen zwar seit Jahren deutliche Warnungen aus. Aber
sie dringen nicht durch. Denn der universitäre
Wissenschaftsbetrieb als Ganzes, der die öffentliche Meinung
beherrscht, sieht sich selbst als die allein massgebende Instanz
für ein gültiges Urteil über die Strahlungswirkungen.
Diesen Anspruch konnte er in den Augen von Politik, Recht und
Öffentlichkeit bisher aufrechterhalten, aber zu Unrecht. Denn ob
Mobilfunkstrahlung schädlich sei oder nicht, wird in vielen
Studien oder in deren Interpretation leider nicht von
unvoreingenommenem Forschergeist, sondern von der Mobilfunkbranche im
Bunde mit den immer wirtschaftslastiger werdenden Hochschulen bestimmt.
Auch bei der Schweizer UMTS-Studie bestand wahrscheinlich ein solcher
Einfluss (direkt oder indirekt) auf das Design, ganz offensichtlich
aber auf die Medienpräsentation der Studie vom 6.6.06. Das ist mit
Wissenschaftlichkeit nicht vereinbar. (Die TNO-Studie war
wirtschaftsunabhängig finanziert.)
Kurzzeit-Provokationsstudien für Antennen ungeeignetDazu kommt, dass Studien, in
denen Beschwerden mit kurzzeitiger (hier 45-minütiger) Bestrahlung
provoziert werden, für die Beurteilungen des
Antennen-Gesundheitsrisikos grundsätzlich ungeeignet sind.
Antennen sind Dauerstrahler. Sogar die Autoren selbst geben zu, dass
ihre Studie über das langfristige Risiko keine Aussage erlaube. Im
eklatanten Widerspruch zu diesem Eingeständnis wurde jedoch den
Medien an der Präsentation der Studie vom 6.6.06 ein Freipass
für den schrankenlosen Weiterausbau der UMTS-Netze suggeriert. Die
Schlagzeilen der Tagespresse vermittelten der Bevölkerung denn
auch fast durchwegs den Eindruck einer gänzlichen Entwarnung.
Elektrosensibilität existiert sehr wohlDie Schweizer UMTS-Studie ist
eigentlich nichts anderes als eine (misslungene) Abklärung, ob es
spontan auf UMTS-Strahlung reagierende Elektrosensible gibt. In
Zürich war die Zahl der Sensiblen 2,5-mal kleiner als diejenige
der Nichtsensiblen, und die Sensiblen waren im Durchschnitt 20 Jahre
jünger als bei der TNO-Studie. Die Sensibilität nimmt jedoch
mit dem Alter stark zu. Überdies waren z.B. starke
Schlafstörungen von Kandidaten ein Grund, diese als Probanden
zurückzuweisen. Aber die meisten Sensiblen leiden bei
Mobilfunkstrahlung unter Schlafstörungen! – Es muss also
angenommen werden, dass der (stetig wachsende) empfindlichere Teil der
Bevölkerung in dieser Studie nicht repräsentativ vertreten
war. Dieser Bevölkerungsteil ist derjenige, der gemäss
Umweltschutzgesetz Art.13 besonders geschützt werden müsste.
Es sind diejenigen Menschen, für deren Wohlergehen und Rechte wir
uns bevorzugt einsetzen. Sie sind das Frühwarnsystem der
Gesellschaft.
Verflechtung zwischen Wirtschaft, universitärem Wissenschaftsbetrieb und World Health Organisation (WHO)Die Bevölkerung wird
über die wahren Risiken der elektromagnetischen Strahlung
systematisch getäuscht. Die Einflussnahme der Wirtschaft auf die
Entscheidungsträger zeigt es. – Ein Beispiel: Die NIRMED2 , ein
Zusammenschluss von im universitären Wissenschaftsbetrieb
integrierten Ärzten, kritisierte gezielt die TNO-Studie
(Beschwerden wegen UMTS-Strahlung) und die REFLEX-Studie
(Schädigung der Erbsubstanz durch Hochfrequenzstrahlung). Es war
nicht eine kollegiale, fruchtbringende Wissenschaftskritik, sondern ein
schlecht verhüllter Versuch einer Abqualifizierung. Eine weitere
diskreditierende Kritik der TNO-Studie stammt von Gregor
Dürrenberger von der „Forschungsstiftung Mobilkommunikation“ an
der ETH, die von den Betreibern finanziert ist. Generalsekretär
der NIRMED ist Reinhold Berz, der als Berater der Swisscom fungiert und
ein an die Ärzte gerichtetes, die Mobilfunkstrahlung
verharmlosendes Buch3
geschrieben hat, das eine Mischung korrekter Informationen, gezielter
Weglassungen und nachweislicher Fehler ist. Genau dieselben fachlichen
Fehler finden sich in einer Publikation auf der Website der NIRMED. Die
NIRMED war es auch, die für eine TNO-Nachfolgestudie einen
zusätzlichen Bestrahlungswert von 10 V/m (und die Anfertigung
eines „Psychoprofils“ für jeden Probanden!) vorschlug. Diese
NIRMED hat sich der WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) angedient. Die
WHO versucht in einem Fact Sheet4 die elektrosensiblen
Menschen in die Psychiatrie abzudrängen. Dasselbe tat auch ein
Artikel in der vom Forum Mobil für die Schweizer Ärzte
herausgegebenen Zeitschrift „Frequentia“5 , und gleiches wurde an der
Medienkonferenz vom 6.6.06 versucht. – Der Schlusssatz der
NIRMED-Stellungnahme zur Schweizer UMTS-Studie lautet: „Diese
Studienergebnisse sollten vor allem dazu beitragen, die
Befürchtungen und Vorbehalte in der Bevölkerung
gegenüber der UMTS-Technologie zu vermindern.“ – Deutlicher
könnte wohl der Einfluss der Mobilfunkbetreiber, die 40% der
Studie bezahlt haben, nicht illustriert werden. Ein solcher Einfluss
seitens der Industrie wird bestätigt durch eine Untersuchung von
H.C.Lai (2006) an 308 Studien über elektromagnetische
Auswirkungen, publiziert seit 1994: Effekte auf den Organismus fanden
70% der unabhängig finanzierten Studien, aber nur 29% der von der
Industrie geförderten Studien.
Schweizer UMTS-Studie „besser“ als TNO-Studie?Das Schweizer UMTS-Signal war
gemäss der englischen Originalpublikation dasselbe Signal, wie es
die holländische TNO-Studie verwendete, nämlich die
Gesamtheit der 4 Pilotkanäle („Standby“, massgebend bei
Schwachlastbetrieb). Ob aber die Mischung der Pilotkanäle und
damit auch die Pulsung wirklich dieselbe war, ist aufgrund fehlender
Angaben in der Schweizer Studie nicht nachprüfbar. – Das als
Variante zusätzlich ausgestrahlte GSM-Signal der TNO-Studie wurde
in der Schweiz weggelassen. Warum? Befürchtete man positive
Studienergebnisse, wodurch die in der Praxis offensichtliche
Schädlichkeit der bisherigen GSM-Strahlung wissenschaftlich
bestätigt worden wäre? – Unterschiede bestanden ferner, wie
schon erwähnt, bei den Probanden, vor allem in Bezug auf das 20
Jahre jüngere Durchschnittsalter der Schweizer Probanden. –
Ausserdem mussten die Probanden nicht nur eine praxisnahe Strahlung von
1 V/m wie bei der TNO-Studie, sondern zusätzlich (wie von der
NIRMED vorgeschlagen) die extrem hohe Strahlung von 10 V/m aushalten,
was fast dem doppelten (!) Schweizer Anlagegrenzwert entspricht.
Aufgrund der Erfahrungen Sensibler mit Strahlung in Grenzwertnähe
müssen Probanden darauf reagiert haben. Wie nachträglich von
Probanden zu erfahren war, gab es tatsächlich solche Beschwerden
teils massiver Art. Aus der Studie erfuhr man davon jedoch nichts. Da
wurde nur die statistisch herausgefilterte Aussage publiziert, dass
keine Veränderung des Wohlbefindens feststellbar gewesen sei. –
Die Praxiserfahrung ist bestätigt worden, dass eine Anzahl
Einzelfälle, die unter realen Alltagsbedingungen sorgfältig
abgeklärt werden, insgesamt viel aussagekräftiger sind als
statistische Auswertungen von Labor-Experimenten, deren Resultate
überdies je nach den gewählten Randbedingungen
verfälscht herauskommen oder sogar bewusst manipuliert werden
können. Aber der Wissenschaftsbetrieb will Statistiken haben. –
Ein „Zufall“ soll sein, dass die TNO-Resultate positiv ausgefallen
waren (NZZ, 7.6.06)? Zutreffender ist die Aussage: Bei der
holländischen TNO-Studie war es ein Glücksfall, dass sich die
komplexe Realität im vereinfachenden Laborexperiment dennoch
abbildete.
14. Juni 2006 Fussnoten
Diese Stellungnahme wurde verfasst von der Bürgerwelle Schweiz. Sie wird von den folgenden Organisationen und Persönlichkeiten mitgetragen:OrganisationenGigaherz, Hans-Ulrich Jakobwww.gigaherz.ch Diagnose-Funk, Lothar Geppert, Dipl.-Ing. TU www.diagnose-funk.ch Kombas, Uwe Dinger www.kombas.ch Bürgerwelle Schweiz, Peter Schlegel, Dipl. Ing. ETH www.buergerwelle-schweiz.org IG Stopp Elektrosmog, Markus Durrer www.stopp-elektrosmog.ch.vu IGEW, Emil Guntersweiler, Pius Heeb www.igew.ch Mobilfunk mit Mass in Erlenbach www.mobilfunk-erlenbach.ch Prighel smog electric Surselva IG Strahlungsfreies Kreuzlingen www.strahlungsfrei.ch Basler Mobilfunk-Kommission www.bmfk.ch MCS-Liga Schweiz, Christian Schifferle www.mcs-liga.ch Association Romande pour la non prolifération d'Antennes émettrices, dont de téléphonie mobile (ARA), Philippe Hug www.alerte.ch IG Lebensqualität Hombrechtikon, E. und H. Bernhard IG Lebensqualität Menziken, Urs Bolliger www.qualimenziken.ch IG Heizenholz-Rütihof gegen Elektrosmog, Zürich-Höngg, Marcel Anderhub www.umtsantenne.ch IG Antennenstop Baldegg, Ivo Syfrig www.6283.ch IG Antenne Feldis, Alfred Frischknecht www.antenne-feldis.ch EinzelpersonenJürg Zimmermann, Umwelt-Analytiker, EmmenbrückeEva Torp, SP-Kantonsrätin, Zürich Gerhard Kaufmann, Präsident VEW (Basler Sektion der EVP Schweiz) Stand: 5.7.2006 Die aktualisierte Liste finden Sie unter www.buergerwelle-schweiz.org |
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